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Schutz und Sicherheit von Menschen mit Behinderungen in der Ukraine

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV), Dachverband der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe, unterstützt den Offenen Brief des Europäischen Behindertenforums (EDF) zum Schutz von Menschen mit Behinderungen in der Ukraine.

DBSV-Präsident Klaus Hahn erklärt: "Mit Bestürzung und tiefer Sorge verfolgen wir das brutale Kriegsgeschehen in der Ukraine. Der leidtragenden ukrainischen Bevölkerung gilt in diesen Tagen unsere vollste Solidarität. Wir haben dem Ukrainischen Blindenverband unsere Unterstützung zugesichert und arbeiten gerade daran, auch konkrete Hilfe für blinde und sehbehinderte Menschen in der Ukraine zu organisieren."

Selbstverständlich stehen die Beratungsstellen der Landesvereine, wie der BSVH in Hamburg, Betroffenen aus der Ukraine zur Verfügung, um sich dort in behinderungsspezifischen Angelegenheiten beraten zu lassen.

Lesen Sie den aus dem Englischen übersetzten Offenen Brief des EDF:

24. Februar 2022: Offener Brief an die Leiter der europäischen Institutionen, die europäischen, russischen und ukrainischen Staatschefs und die NATO

Das Europäische Behindertenforum (EDF) fordert alle Parteien auf, den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen in der Ukraine zu gewährleisten, unter Berücksichtigung

  • ihrer Verpflichtungen im Rahmen des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere Artikel 11 über Risikosituationen und humanitäre Notsituationen,
  • der Resolution 2475 (2019) des UN-Sicherheitsrats zum Schutz von Menschen mit Behinderungen in Konflikten,
  • des humanitären Völkerrechts und der humanitären Grundsätze.

In jeder Krisen- oder Konfliktsituation sind Menschen mit Behinderungen einem unverhältnismäßig hohen Risiko ausgesetzt, zurückgelassen zu werden, Gewalt zu erleiden, zu sterben oder erschwerten Zugang zu Sicherheits-, Hilfs- und Erholungsmaßnahmen zu haben. Frauen mit Behinderungen sind einem erhöhten Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt und Kinder mit Behinderungen sind stärker von Missbrauch und Vernachlässigung bedroht. Wichtige Informationen über Sicherheit und Evakuierung sind oft nicht zugänglich und auch die Evakuierungszentren selbst sind selten zugänglich, was bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen allzu oft zurückgelassen werden.  

In der Ukraine sind 2,7 Millionen Menschen mit Behinderungen registriert. Unsere Kontakte in dem Land haben bestätigt, dass die Situation für Menschen mit Behinderungen entsetzlich ist. So sind beispielsweise die Notunterkünfte in Kiew nicht zugänglich, so dass Menschen mit Behinderungen gezwungen sind, zu Hause zu bleiben, da sie nicht wissen, wo sie sich in Sicherheit bringen können.  

Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben und bereits von ihrer Gemeinschaft abgeschnitten sind, laufen Gefahr, im Stich gelassen und vergessen zu werden. Allein in der Ukraine sind mindestens 82.000 Kinder von der Gesellschaft abgesondert und zudem unzählige Erwachsene mit Behinderungen dauerhaft in Einrichtungen untergebracht.

Wir rufen die politische Führung und alle humanitären Akteure, die mit dieser Krise zu tun haben, auf, dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen

  • uneingeschränkten Zugang zu allen humanitären Hilfsleistungen bekommen,
  • vor Gewalt, Missbrauch und schlechter Behandlung geschützt sind,
  • zugängliche Informationen über Sicherheits- und Hilfeleistungsprotokolle, Evakuierungsverfahren und Unterstützung erhalten,
  • uneingeschränkten Zugang zur Grundversorgung wie Wasser und sanitäre Einrichtungen, soziale Unterstützung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Verkehr und Information haben,
  • berücksichtigt und nicht im Stich gelassen werden (Es ist auch von wesentlicher Bedeutung, dass Maßnahmen ergriffen werden, die Menschen, die in Heimen oder Waisenhäusern leben, vollständig einbeziehen, und dass Umsiedlungs- und Evakuierungsmaßnahmen nicht dazu führen, dass mehr Menschen mit Behinderungen in solchen Einrichtungen leben müssen.),
  • über ihre Vertretungsorganisationen sinnvoll an allen humanitären Maßnahmen beteiligt sind.

Besonderes Augenmerk muss auf die am stärksten gefährdeten Personen gelegt werden, darunter Frauen, Kinder, blinde und taubblinde Personen, Personen mit psychosozialen und geistigen Behinderungen sowie Personen mit hohem Unterstützungsbedarf.

"Heute erleben wir einen Krieg in vollem Umfang auf europäischem Boden. Angesichts der Eskalation der Situation in der Ukraine erinnert das Europäische Behindertenforum die Staaten eindringlich an ihre Verantwortung, den Schutz und die Sicherheit aller Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten."

Yannis Vardakastanis, EDF-Präsident

Das EDF beobachtet die Situation weiterhin und steht in Kontakt mit seinen Partnern.

Ansprechpartner

Melanie Wölwer

Pressesprecherin

(040) 209 404 29
(0151) 297 000 13
m.woelwer@bsvh.org

Porträtbild von Melanie Wölwer

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