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Verbände fordern sichere Gehwege!

Mahnung zum Tag der Verkehrssicherheit

Hamburg, 17. Juni 2021. Anlässlich des „Tag der Verkehrssicherheit“ am 19. Juni machen der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH), der Bund der Schwerhörigen (BdS), der Landes-Senioren-beirat (LSB) und FUSS e.V. erneut auf die Gefährdung zu Fuß gehender und mobilitätseingeschränkter Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer durch wild abgestellte E-Roller aufmerksam. Insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen ist die Situation nach wie vor ein Sicherheitsrisiko. Die Initiative fordert daher die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende dazu auf, verbindliche Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit zu ergreifen.

Immer wieder erreichen die Verbände und Initiativen Berichte von Menschen, die in gefährliche Situationen mit herumliegenden E-Rollern geraten sind. Auch schwere Verletzungen sind bereits geschehen, ein Mitglied des BSVH brach sich sogar das Schlüsselbein beim Sturz. Eine entsprechende Bilanz nach zwei Jahren Nutzung, die heute veröffentlicht wurde, bestätigt das Risiko. „Wir brauchen deshalb dringend eine verbindliche Lösung für das Problem“, erklärt André Rabe, 2. Vorsitzender des BSVH und Leiter des Arbeitskreises Umwelt & Verkehr. „Seit zwei Jahren fordern wir bereits bessere Strukturen und dass Vergehen bei der Nutzung konsequenter geahndet werden.“ Der Verein und seine Partner begrüßen daher grundsätzlich das Pilotprojekt des Bezirks Altona, der in Kooperation mit einem Anbieter feste Abstellflächen in der Sternschanze testet. Bisher kann die zuständige Stelle jedoch keine verbindliche Auskunft darüber geben, ob sich dies positiv auf das Abstellverhalten der Nutzerinnen und Nutzer auswirkt. „Sollte das Projekt zeigen, dass das Einrichten fester Abstellflächen ein probates Mittel gegen wildes Parken ist, muss die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende umgehend flächendeckend solche Parkplätze für E-Roller einrichten“, so Rabe.

Darüber hinaus fordern BSVH, BdS, der LSB und FUSS e.V. die Behörde weiterhin dazu auf, verbindliche Vereinbarungen mit den Verleihfirmen zu treffen. „Wer öffentliche Wege über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr hinaus für private oder gewerbliche Zwecke nutzt, braucht eine Genehmigung. So steht es im Hamburgischen Wegegesetz (§ 19)“, erklärt Karsten Warnke, Beauftragter für Barrierefreiheit des BSVH. „Dies sollte eigentlich auch für die privatwirtschaftlichen Anbieter von E-Tretrollern gelten, da diese ihre Waren auf öffentlichen Flächen anbieten“, so Warnke. In Hamburg gibt es stattdessen lediglich freiwillige Vereinbarungen zwischen der Stadt und den Verleihfirmen: https://www.hamburg.de/bvm/elektro-tretroller/

Eine regelrechte Sondernutzungsvereinbarung hätte für die Allgemeinheit große Vorteile: Sie kann z.B. verbindlich regeln, wo und wie die Roller abgestellt werden, dass konkret jemand für Beschwerden erreichbar ist und diesen schnell abgeholfen wird. Nicht zuletzt kann so eine Genehmigung auch wieder entzogen werden, wenn der Anbieter sich nicht an die Vereinbarungen hält. Auch andere sinnesbeeinträchtigte Personenkreise und mobilitätseingeschränkte Menschen würden davon profitieren, wenn das Abstellen und die Verwendung der Roller im öffentlichen Raum diesbezüglich stärker reglementiert würde.

Erfahrungsberichte blinder und sehbehinderter Menschen

"Am 27.3.2021 ging ich mit meinem Blinden Führhund spazieren. Plötzlich stolperte ich über einen liegenden E Roller. Mit großen Schmerzen brachte ich erst mal meinen Hund nach Hause dann rief ich den Notarzt und meine pädagogische Betreuerin an. Im Krankenhaus sagte man mir dass das rechte Schlüsselbein gebrochen ist ich müsste am nächsten Tag operiert werden. Meine Betreuerin oh sorgte dafür dass mein Hund bei einer Familie untergebracht wurde. Da ich nichts machen konnte musste dieser Hund sechs Wochen bei der Familie bleiben. Oh nun endlich habe ich ihn wieder. Ich möchte gerne dass dieser Bericht und mein Name veröffentlicht wird. Ich weiß dass in Bremen eine andere Richtlinie gelten für diese E Roller. Aber hier in Hamburg leider nicht."
Helga Demuth

"An einen Tag habe ich mehrere Roller umgehen müssen. Einer war vor der U-Bahntreppe quer vor den Stufen abgestellt. Eine Frau rief von unten: an der Treppe: "Bleiben sie stehen dort ist ein Fahrzeug vor den Stufen direkt geparkt worden." Leider kam das zu spät und ich fiel fast mit dem Roller die letzte Stufe nach oben. Hätte mich ein Mann nicht am Arm festgehalten, wäre ich schlimm auf das Fahrzeug gestürzt. Der Schrecken war groß! Ja brauchte eine Zeit bis ich mich davon erholt hatte. Nahm dann meinen Nachhauseweg wieder auf.

An der Ecke lag dann der nächste achtlos hingeworfene Roller. Meine Kugel vom Langstock verfing sich und ich bekam es nicht gleich mit und wäre unglücklich darüber gestürzt, hätte eine Frau nicht schnell reagiert. Die Frau beruhigte mich und war selbst so erschrocken darüber. Sie nahm den Roller aus dem Weg. Fragte noch ob alles okay wäre bevor sie mich verließ.

Der nächste Roller stand dann vor meinem Hauseingang. Ich stieß an ihn und er kippte zur Fensterfront von Rossmann um. Da der Stock sich irgendwie verfangen hatte, zog er mich praktisch aus dem Gleichgewicht. Da merkte ich erst wie schwer diese Roller so sind. Beim Gegenstemmen. Ein Glück, erhielt ich relativ schnell mein Gleichgewicht zurück; sonst wäre ich auch ins Schaufenster samt Roller gestürzt.

Muss erst etwas schlimmes passieren, daß die Regierung dagegen etwas unternimmt? Ich fordere, das es in den Städten überall genügend Parkplätze gibt, wo diese Roller geparkt werden müssen und diese Ordnungswiedrigkeiten der Nutzer sollten endlich mal verfolgt werden. Müsste doch möglich sein!"
Silja Korn

Ein E-Roller in einer Bahnstation vor dem Treppenaufgang. Er versperrt den Weg zum Handlauf an der Treppe

"Seit Wochen wird Langenhorn von E-Rollern überschwemmt. Quer auf schmalen Fußwegen, vor Straßenquerungen, auf Warteflächen vor Bushaltestellen und unmittelbar vor Treppen werden die E-Roller einfach stehen gelassen. Das ist wie das gedankenlose Wegwerfen von Zigarettenstummel, wenn der Bus kommt. Besonders gefährlich ist das Abstellen auf schmalen Fußwegen, weil man dann auf die Straße ausweichen muss und vor Treppen.

Mein Foto zeigt so eine Treppen-Situation:
Seit Kindesbeinen benutze ich den rechten Treppen-Handlauf, weil ich mich sonst zu unsicher fühle. Das geht sicherlich vielen Menschen so, insb. dann, wenn sie seh- und gehbeeinträchtigt sind. Steht da ein Roller oder Fahrrad, dann muss zur Mitte der Treppe ausweichen, um mich dann auf der Treppe wieder dem Handlauf zuwenden zu können. Kommen mir dann noch viele Leute entgegen, kann bei schon mal Panik aufkommen…"
Karsten Warnke.

"Einmal war an der Bushaltestelle der Linien 143, 14, 443 und 146, GENAU am vorderen Masten ein E-Roller festgemacht, wie mir ein vorbeikommender sehender Fußgänger bestätigte.

Es sah für mich fahrradmäßig mit Stange und Lenker o.ä. aus, also gefährlich aus. Und stand eben da, wo wir (zumal mehrfachbehinderten) Für jeden Busfahrenden sichtbar stehen sollen!

Natürlich war nicht für mich herauszufinden, wer den E-Roller gegen die Vorschrift da festgemacht hat, noch, wen ich auf die Schnelle ansprechen sollte.

Eine Haltestelle weiter stadtauswärts wird fast immer von LKWs o.ä. zugeparkt, aber kein Busfahrender will mehr wie früher über Funk der HVV-Zentrale Bescheid geben - umso weniger bei E-Rollern, die ja nur behinderte Fußgehende gefährden"
Mitglied des BSVH

Handlungsempfehlung zu E-Rollern

Der BSVH hat seit der Einführung der E-Roller in Hamburg fortwährend auf Probleme aufmerksam gemacht und erste Gespräche mit Anbietern geführt. Darüber hinaus hat der Verein eine Handlungsempfehlung erarbeitet. In diesem Dokument werden die Problemfelder konkret benannt und mit Bildbeispielen dargestellt. Die Empfehlung richtet sich aber nicht nur an Anbieter, sondern soll auch Nutzerinnen und Nutzer sensibilisieren. Bitte lesen Sie die Handlungsempfehlung

Ansprechpartner

Melanie Wölwer

Pressesprecherin

(040) 209 404 29
(0151) 297 000 13
m.woelwer@bsvh.org

Porträtbild von Melanie Wölwer

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