Nachricht

Weltweit erste Taubblinden-Demo in Berlin

Taubblinde Menschen fallen durch das soziale Netz. Sie werden nicht angemessen mit Hilfsmitteln und Assistenzleistungen versorgt. Um dies zu ändern, kämpft die Selbsthilfe seit Jahren für ein spezielles Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis. Die Politik zeigte sich zuletzt zum Handeln bereit, doch kurz vor Ende der Legislaturperiode wurden die Pläne doch noch kassiert. Das treibt die Betroffenen nun auf die Straße. Zur weltweit ersten Taubblinden-Demo lesen Sie hier die aktuelle Pressemitteilung des DBSV:

Berlin, 17. September 2013. Am Freitag, dem 4. Oktober 2013, werden taubblinde Menschen in Berlin gegen ihre unhaltbare Situation und für die Anerkennung ihrer Behinderung demonstrieren. Die Demonstration ist die erste ihrer Art weltweit. Sie startet um 12 Uhr am Platz der Republik (vor dem Bundestag) und führt am Bundesrat vorbei zum Potsdamer Platz. Die Demonstranten, die weder hören noch sehen können, ziehen an symbolische Eisenkugeln gekettet durch die Straßen - ein Bild dafür, dass Taubblindheit wie Isolationshaft wirkt, wenn die nötige Unterstützung fehlt. Am Potsdamer Platz geben taubblinde Menschen ab 14 Uhr Auskunft über ihre Lebenssituation und ihren Hilfebedarf. Bei dem Austausch werden sie von qualifizierten Assistenten unterstützt.

Wenn Taubblindheit in der deutschen Gesetzgebung vorkommt, wird sie definiert als die Summe von Blindheit und Gehörlosigkeit - aber das wird dieser Behinderung nicht gerecht. Wer nicht hören kann, ist extrem auf den Sehsinn angewiesen, als Blinder nutzt man sein Gehör sehr intensiv. Taubblinde Menschen müssen auf beide Hauptsinne verzichten, können also viel weniger ausgleichen als jemand mit "nur" einer Behinderung. Ohne Assistenz ist beispielsweise die Ausübung des Wahlrechts nicht möglich, aber auch der tägliche Einkauf oder ein Arztbesuch werden zu unlösbaren Problemen.

Nach Schätzungen des Gemeinsamen Fachausschusses "Hörsehbehindert/Taubblind" (GFTB) im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband gibt es bundesweit 2.500 bis 6.000 taubblinde Menschen, die nicht angemessen mit Hilfsmitteln und Assistenzleistungen versorgt werden. Im Jahr 2007 hat der GFTB deshalb erstmals gefordert, dass die Betroffenen ein spezielles Merkzeichen "Tbl" im Schwerbehindertenausweis erhalten. Solche Merkzeichen dienen dem Nachweis, dass man das Recht auf bestimmte Nachteilsausgleiche oder Sozialleistungen hat. Bei öffentlichen Stellen, Unternehmen und Ärzten ist Taubblindheit so gut wie unbekannt. Mit einem Merkzeichen könnten die Betroffenen belegen, dass sie spezielle Hilfsmittel, Assistenz sowie Dolmetsch- und Rehabilitations-Angebote brauchen.Nachdem es auch in dieser Legislaturperiode nicht gelang, ein eigenes Merkzeichen für Taubblindheit im Schwerbehindertenausweis einzuführen, wollen die Betroffenen öffentlich auf ihre extrem schwierige Lebenssituation aufmerksam machen.

Die Veranstalter der Demo

  • die Bundesarbeitsgemeinschaft der Taubblinden (BAT)
  • der Verein Leben mit Ushersyndrom (LMU)
  • der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV)
  • die Stiftung Taubblind Leben

Weitere Infos unter www.taubblind.dbsv.org und www.aktion-taubblind.de

Quelle: DBSV-direkt

Ansprechpartner

Melanie Wölwer

Pressesprecherin

(040) 209 404 29
(0151) 297 000 13
m.woelwer@bsvh.org

Porträtbild von Melanie Wölwer

Zurück